Mein Kind will in keine LRS-Klasse gehen

Mein Kind will in keine LRS-Klasse gehenAus unserer Forschungsarbeit kennen wir die Tatsache, dass Kinder ungern in eine LRS-Klasse gehen wollen oder sich dem komplett verweigern. Das Berichten sowohl Eltern von betroffenen Kindern als auch erwachsene Betroffene, die eine LRS-Klasse besucht haben. Eltern und Pädagogen sollten Verständnis dafür haben, wenn die Kinder im Lernumfeld ihrer Klasse bleiben möchten.

  1. Fachlicher Hintergrund und unterschiedliche Bewertung der LRS-Klassen

LRS-Klassen sind in der Fachwelt und in der Elternschaft ein umstrittenes Thema. Es gibt dabei unterschiedliche Einschätzungen und biografische Verläufe, die wir bei Kindern oder erwachsenen Betroffenen beobachten. Deshalb kommt es immer wieder zu familiären Streitigkeiten, ob ein Kind auf eine LRS-Klasse gehen soll oder nicht. Die Kinder werden auch in unterschiedlichem Maß in diesen Entscheidungsprozess einbezogen. Zum Teil werden Kinder gezwungen in diese Sonderschule zu gehen, oder sie können sich dafür oder dagegen entscheiden. Der Umgang in den Familien mit der Thematik LRS-Klasse ist unseren Beobachtungen zufolge recht unterschiedlich.

Ein Teil der Eltern verteidigt diese Beschulungsform als ideal für eine Förderung und andere wiederum lehnen sie wegen einer möglichen Ausgrenzung und Stigmatisierung ab. Dies liegt häufig am unzureichenden Wissen der Eltern, die oft wenig über die unterschiedlichen Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten aufgeklärt sind. Leider betrifft das auch viele Pädagogen, die als LRS-Lehrer bezeichnet werden. Hier gibt es deutliche Defizite, um die Eltern mit ihren betroffenen Kindern objektiv aufzuklären.

Oft fehlt es an objektiver Aufklärung, um die Lernentwicklung abzuschätzen

Ein Fehler ist, dass das Bildungswesen den Eltern die LRS-Klassen als Allheilmittel gegen sämtliche Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten vermitteln will. LRS-Klassen können im Einzelfall eine Unterstützung sein. Das bedeutet aber nicht, dass der Besuch dieser Sonderklasse in jedem Fall zu einer vollständigen Kompensation der Schwäche führen muss. Genauer gesagt, es gibt unterschiedliche Ursachen für die Schwächen und diese können in Klassen mit ca. 14-16 Schülern nur in sehr geringem Maße berücksichtigt werden. Das müssen Eltern und Lehrer wissen und verstehen. Eine LRS-Förderung darf nicht kollektivistisch verstanden werden, sondern sie muss vom einzelnen Schüler und seiner individuellen Entwicklung hergedacht werden. Jeder Schüler hat unterschiedliche Entwicklungsvoraussetzungen, daher ist es sehr wichtig, die Schwäche vom Einzelfall her zu verstehen. LRS-Klassen können sich nicht an den individuellen Lernbedürfnissen orientieren. Deshalb profitieren nicht alle LRS-Betroffenen gleichermaßen davon.

Das war erst einmal der fachliche Hintergrund. Dieser wird von vielen Eltern und auch von den Schulen oft nicht richtig verstanden. Der Wissensstand zum Thema LRS und Legasthenie ist bei den Schulen und den Eltern sehr unterschiedlich.

  1. Wie geht man mit Kindern um, die eine LRS-Klasse ablehnen?

Eltern und Lehrer sollten bei einer ablehnenden Haltung einer LRS-Klasse gegenüber mit Verständnis reagieren. Betroffene Schüler reagieren unterschiedlich auf eine LRS-Sonderschule, weil sie psycho-emotional unterschiedlich beschaffen sind. Sensible Kinder können mit Ablehnung und Wut reagieren, wenn sie bemerken, dass sie aus ihrem gewohnten Lernumfeld herausgenommen werden sollen. Dann kann es vorkommen, dass sie auf eine Separation in eine LRS-Klasse negativ reagieren. In manchen Fällen werden sie deshalb gehänselt oder gar gemobbt. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es wegen dieser Separationserfahrung Bedenken, dass sich die Beschulung in einer LRS-Klasse nicht immer positiv auf die kindliche Entwicklung auswirken kann. Kinder sollten eine Inklusion in ihrer Heimatschule erfahren. Hier sollte besonders auf die Entwicklung einer psychisch stabilen Persönlichkeit geachtet werden. Reagieren Kinder sehr emotional auf diesen Vorschlag (LRS-Klasse), sollten sich die Eltern Rat bei Fachleuten suchen, die objektiv beurteilen können, ob eine LRS-Klasse für die Entwicklung des Kindes hilfreich ist oder andere Wege bei der Bewältigung ihrer Schwäche passender erscheinen.

Das Jenaer Lese- und Rechtschreibtraining

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In dieser Besprechung erklären wir das Konzept des Jenaer Lese- und Rechtschreibtrainings von Dr. Thomas Grüning aus Jena und geben eine fachliche Einschätzung darüber ab, ob sich dieses Förderprogramm für Kinder mit Lese- Rechtschreibschwäche oder Legasthenie eignet.

 

Kurze Information zum Autor

Dr. Grüning beschäftigt sich schon seit 18 Jahren freiberuflich mit der Förderung von Kindern, die Probleme mit dem Lesen und Schreiben haben. Bis 2005 war er Lizenznehmer von LOS – Lerninstitut für Orthographie und Schreibtechnik, welches in Deutschland zu den größten kommerziellen Franchise-Nachhilfeanbietern gehört. Nach dieser Zeit führte er die Förderung von Kindern mit seinen eigenen Lernmaterialien durch. Seit 2006 begann er, neben dem Gruppenunterricht im Institut zusätzlich betreute Fernkurse anzubieten und seit 2011 führt er nur noch 12- bis 18-monatige Fernkurse für 70 bis 80 Schüler durch, die überwiegend aus Thüringen stammen.

Die Idee des Konzeptes

Das Motto seines Programms lautet: „Vor Augen führen, statt in den Ohren liegen!“ Er leitet den Schriftspracherwerb der wichtigsten Wortstämme ab, indem die Schüler die richtigen Bilder verinnerlichen. Danach sollen sie die eigene Schreibweise während des Schreibvorgangs fortlaufend mit ihren inneren Bildern und den dort abgespeicherten Wörtern vergleichen. Dieses Konzept basiert nicht auf der sogenannten lautgetreuen Rechtschreibung, wie man sie von Reuter-Liehr kennt. Sondern es fokussiert sich darauf, was man mit den Augen sieht, entsprechend der bekannten Theorie des Wortbildmerkems.

Für diese Methode hat er einen Fernkurs für Schüler der 2. bis 9. Klasse entwickelt. Zuerst werden die Probleme mit einem standardisierten Rechtschreibtest ermittelt, um ein individuelles Fehlerprofil für die Förderung anzulegen. Daraus gestaltet sich dann schwerpunktmäßig die Lese- und Rechtschreibförderung nach dem Jenaer Konzept. Die Kinder werden systematisch nach einem Wortstammsystem geführt (Lese- und Rechtschreibtraining als Ortsführung durch Grundwortschatzhausen), welches sich an den Problemen der Kinder orientiert. Dazu hat er ein eigenes Wörterbuch entwickelt: „das Wörterbuch der wichtigsten Wortstämme“, welches den Schülern das Ziel des gemeinsamen Übens vor Augen führt. Dazu erhalten die Kinder Arbeitsblätter mit selbst entwickelten Lektionen.

Für das Bearbeiten einer 4-seitigen Lektion benötigt das Kind nicht mehr als 20 bis 30 Minuten, was Kindern mit Konzentrationsschwächen nachhaltige Lernerfolge bringen soll. Das Konzept beinhaltet 111 vierseitige Übungen mit Geschichten, Gedichten, Reimwörtern, Wortfamilien, Lückentexten, Morphempuzzles zu allen Wortbausteinen, die einer besonderen Übung in der Rechtschreibung bedürfen.

 Unsere Einschätzungen

Was uns sehr gut gefällt – dieses Konzept ist sehr praktisch und kindgerecht. Mit vielen witzigen Illustrationen und lustigen Reimen können Kinder Freude daran finden, sich dem Lesen und Schreiben zu widmen. Die einleitende Erklärung des Konzeptes ist für die Eltern oder Lehrer gut verständlich, es kann sehr schnell in der Förderung umgesetzt werden. Der theoretische Hintergrund des Wortbildmerkens ist in dieser Form in der Fachwelt umstritten, weil es keine Belege dafür gibt, das Legastheniker oder LRS-Kinder durch diese Methode besser lesen und schreiben lernen würden bzw. diese Probleme nachhaltig kompensieren können. Der Autor behauptet: „In der deutschen Rechtschreibdidaktik herrscht die vollkommen falsche Annahme vor, dass es die Aufgabe des Lehrers sei, seinen Schülern beizubringen, wie sie durch eine Lautanalyse der Wörter die richtige Buchstabenauswahl beim Schreiben zu treffen haben, wie sie also etwas, das sie hören, in etwas zu übersetzen haben, das sie dann sehen.“ Diese Herleitung ist mehr als problematisch.

Es sind uns aus der Forschung keine Studien bekannt, die dieses Konzept belegen würden. Das Lernen und Ableiten der Lautlehre in Verbindung mit den Wortstämmen ist nur ein kleiner Teil der komplexen Probleme bei Kindern mit Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben. Daher ist dieser Ansatz mit gewisser Vorsicht zu genießen, da die Förderung entsprechend dem analytisch-synthetischen Modell (Fibel-Methode) eine sprachwissenschaftlich belegte Methode ist. Darum sollten Kinder nicht mit dieser zusätzlichen Methode gefördert werden. Unserer Meinung nach besteht nämlich die Gefahr, dass sie mit der didaktischen Methodik durcheinander kommen. Denn meistens lernen Schüler den Schriftspracherwerb nach der besagten Fibel-Methode oder nach dem viel diskutierten Schweizer-Modell. Darum macht es wenig Sinn, den Kindern noch eine andere Methode beizubringen.

Legasthene Schüler sollten nicht in der Gruppenförderung oder einem Fernkurs betreut werden. Dazu sind die Probleme der betroffenen Schüler viel zu vielseitig. Betroffene Schüler brauchen eine umfassende 1 zu 1 Förderung. Auch die Verbesserung der Leistungen – nach Aussagen des Autors durchschnittlich nach einem halben Jahr um 20 bis 25 Prozentränge und nach einem ganzen Jahr der Förderung durchschnittlich um 30 bis 40 – ist so nicht nachvollziehbar. Eine unabhängige Vergleichsstudie wäre für die Wirksamkeit dieses Programms glaubwürdiger.

Dieses Programm ist für Kinder mit LRS oder Legasthenie nicht zu empfehlen.

Ein eigenes Bild können Sie sich hier machen: http://www.ilr-gruening.de

 

Interview: Methodenvielfalt statt einzelner Förderprogramme sind in der Förderung bei Legasthenie am wirksamsten

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Immer wieder gibt es heiße Debatten über die Wirksamkeit diverser Methoden. Unbestritten ist, dass es auch unwirksame und umstrittene Methoden gibt, andere wiederum haben sich in der Praxis und Forschung in den letzten 20 Jahren bewährt. Für dieses Interview konnten wir die Präsidentin vom Ersten Österreichischen Dachverband Legasthenie, Frau Dr. Astrid Kopp-Duller, gewinnen, die in der pädagogisch-didaktischen Förderung über viel Erfahrung verfügt. 

Frage:

Vor einigen Monaten wurde von einer Münchner Forschergruppe in einer Metaanalyse im „PLOS One – Magazin“ eine Studie veröffentlicht und bestätigt, dass der Buchstaben-Laut-Bezug in der Förderung legasthener Kinder eine wichtige Rolle spielt. Was ist für den Laien unter diesem Ansatz genauer zu verstehen? 

Dr. Astrid Kopp-Duller:

Zur Verbesserung eines Teils des phonologischen Bewusstseins müssen sehr basale Prozesse der Laut-Buchstaben-Zuordnung und umgekehrt systematisch geübt werden. Dabei wird zunächst gelernt, die einzelnen Laute und Silben zu unterscheiden und den entsprechenden Schriftbildern zuzuordnen. Erst nach und nach kommt die Eingliederung und Erkennung der Zeichen und Laute in Worten und Sätzen hinzu. Geübt werden müssen also Laute – Silben, Silben – Wörter, Wörter – Sätze, kurze und lange Wörter, Anlaute – Endlaute, Wörterreimen etc.

 

Frage:

Aus der besagten Studie ging hervor, dass nur wenige Förderansätze bei legasthenen Kindern helfen würden. Es wurden 20 Methoden auf die Wirksamkeit untersucht. Im Bereich LRS-Förderung oder Legasthenietherapie gibt es heutzutage unzählige Ansätze. Die einen zielen auf die Förderung einzelner Teilbereiche der Wahrnehmung ab, beispielsweise auf die Korrektur von Blickspringen mittels spezieller Prismen und Brillen, auch als Optometrie bekannt. Dann gibt es verschiedene Hörtrainings für die phonologische Bewusstheit (Buchstaben- und Lautsegmentierung), wie es häufig bei Logopäden der Fall ist oder auch bei Vertretern von Methoden, die auf die lautgetreue Förderung setzen. Laut der Studie wurde keinem dieser Ansätze in seiner Effektivität als Förderansatz ein nachhaltiger Erfolg bestätigt. Wie kommt es, dass es so viele verschiedene Ansätze gibt?

 

Dr. Astrid Kopp-Duller: 

Das Methodenspektrum ist sehr umfassend und in der Studie hat man nur einige Ansätze beleuchtet. Die Aussage, dass nur wenige Förderansätze bei legasthenen Kindern helfen, sollte wohl eher als polemische Vermutung denn als wissenschaftlich gesichertes Faktum verstanden werden, da man sich andernfalls in der praktischen Arbeit folgenreichen Beschränkungen unterwerfen würde.

Fakt ist, dass die Schreib- und Leseprobleme zumeist sehr facettenreich sind, weshalb es auch eine Vielzahl von Ansätzen gibt und geben muss. Eine Methode, die in jedem Falle erfolgreich ist, gibt es allerdings nicht. Spezialisten, welche diesen Kindern gezielt helfen wollen, müssen deshalb offen für eine Methodenvielfalt sein. Die auditive bzw. akustische Ebene ist nur eine von mehreren, in der betroffene Kinder eine Förderung benötigen.

 Frage:

Methodenvielfalt bestätigt die Praxis in der Förderung von legasthenen Kindern, auch nach unseren Erfahrungen. Einzelne Programme, u.a. das von der Fachwelt vielzitierte „Marburger Rechtschreibtraining“ oder das „Reuter-Liehr-Konzept“, haben bisher nur eine vage Effizienz als Hilfsansatz in der Förderung von Kindern mit Legasthenie aufzuweisen. Es gibt dazu keine unabhängigen Feldstudien (Follow-up-Studien) aus der Praxis und keine interdisziplinäre Begutachtung mit Vergleichsstudien, sondern zumeist nur klinische Laborversuche. Das Einzige ist, dass man den Buchstaben-Laut-Bezug bei diesen Ansätzen herausgestellt hat. Ein einzelnes Programm kann kein wirksamer Ansatz für die Betroffenen sein, wie es der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e.V. bestätigt. Das ist zu kurzsichtig, weil die Probleme der Kinder viel umfassender sind. Wie könnte man hier den Kindern in der pädagogisch-didaktischen Förderung nachhaltiger helfen und welche wissenschaftlichen Belege in Form von Studien gibt es dafür?

 

Dr. Astrid Kopp-Duller:

Es ist für nachhaltige Erfolge unbedingt notwendig, dass man als Spezialist bei der pädagogisch-didaktischen Förderung individuell und gezielt vorgeht, weil die Probleme der Betroffenen sehr unterschiedlich sind. Wir wissen, dass legasthene Menschen eine besondere Informationsverarbeitung haben und damit verbunden eine besondere Lernfähigkeit. Wird man in der Förderung diesen Anforderungen gerecht, so lernen auch diese Menschen das Schreiben und Lesen. Ein lediglich verstärktes Üben im Schreib- und Lesebereich führt in den meisten Fällen nicht zum gewünschten Erfolg. Hilfe muss deshalb in den Bereichen einsetzen, die vorwiegende Schwierigkeiten bereiten. Die AFS-Methode ist eine seit zwanzig Jahren weltweit bewährte Methode, welche drei Schwerpunkte in der Förderung setzt. Großer Wert wird in der Förderung neben einem individuellen Symptomtraining im Schreiben und Lesen auch auf die Aufmerksamkeitsfokussierung und die für ein erfolgreiches Schreiben und Lesen unerlässliche Schulung der Sinneswahrnehmungsleistungen gelegt. Ein Teil der AFS-Methode besteht darin, dass jene Sinneswahrnehmungen, die man für ein problemloses Schreiben und Lesen benötigt, gefördert werden. Auch die Verbesserung des phonologischen Bewusstseins, insbesondere der Laut-Buchstaben-Zuordnung, wird von diplomierten Legasthenietrainer/innen im Rahmen der AFS-Methode schon seit jeher sehr erfolgreich praktiziert.

Grundsätzlich hat sich bestätigt, dass ein verstärktes Schreiben- und Lesenüben alleine bei den meisten Kindern nicht zum Erfolg führt.

Die AFS-Methode ist nicht nur eine umfassende, sondern auch eine für approbierte Ansätze offene Methode. Die Methodenvielfallt, die Spezialisten im Rahmen der AFS-Methode einsetzen, ist für einen Erfolg unerlässlich. Eine wissenschaftliche Langzeitstudie von 2001 bis 2006 mit über 3000 Probanden bestätigte auch die erzielten langfristigen Verbesserungen der Schreib- und Leseleistungen der Probanden.

Wir bedanken uns für das freundliche Interview bei Frau Dr. Astrid Kopp-Duller.

Ratgeber: Pseudo-Methoden aus der Esoterik in Förderung und Coaching sind strikt abzulehnen

Esoterik hat in der LRS-Fördderung nichts zu suchen!Ratgeber: Pseudo-Methoden aus der Esoterik sind bei Förderung und Coaching strikt abzulehnen

In den letzten Jahren haben wir in Dresden verschiedene Verfahren bzw. Methoden beobachtet, die bei betroffenen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zur Anwendung kamen.

Diese werden eingesetzt, um – mit wissenschaftlich nicht gesicherten Methoden – die visuelle oder auditive Verarbeitung der Teilleistungen bei den Kindern zu therapieren. Andere widmen sich den Problemen im Kopfgelenk (KISS-Syndrom), oder sie wollen mit Hörtraining, Blicktraining, Sehschule oder Händigkeitstraining eine Legasthenie, LRS oder Dyskalkulie wegtherapieren. Für diese Methoden gibt es keine wissenschaftlichen Belege. Eine Legasthenie / Dyskalkulie kann aber erwiesenermaßen durch pädagogische Förderung und mithilfe der Gesundheitsberufe ausgeglichen werden. Bei einer LRS oder erworbenen Rechenschwäche können Verhaltensprobleme durch Psychotherapie gelöst werden. Probleme mit der auditiven Wahrnehmung können auch im Kindesalter durch einen Logopäden gut behandelt werden.

Eine professionelle Einzelförderung basiert auf pädagogisch-didaktischen Methoden, bei denen spirituelle oder esoterische Ansätze nichts zu suchen haben.

Wir haben folgende Methoden auf unsere Negativliste gesetzt:

Diese Methoden versuchen u.a. auch Schwächen im Lesen, Schreiben und Rechnen sowie Verhaltensprobleme und Lernblockaden zu therapieren. Leider haben diese Ansätze bei nicht wenigen Fachleuten wie Pädagogen, Therapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden Anklang gefunden.

Besonders perfide ist, dass die anvertrauten Schützlinge und Klienten meist zu wenig über diese Methoden wissen. Sie lassen sich mit diesen Pseudo-Methoden aus Psychologie und Esoterik behandeln, ohne sie im Detail zu kennen.

Daher müssen auch Eltern sensibilisiert werden, um nicht auf Arbeitsweisen hereinzufallen, die sehr viel Geld kosten, aber wenig nutzen bzw. nur Placebo-Effekte bewirken und dadurch große Enttäuschungen bringen – denn nicht selten werden große Wirkungen versprochenen. Sie sind i.d.R. auch nicht wissenschaftlich anerkannt.

Umfassende Einzelförderung muss auf sachlogischen und wissenschaftlich fundierten Theorien beruhen und verfolgt eine systematische fachdidaktische Hilfe. Das Coaching basiert auf einer professionellen methodischen Wissens- und Strategievermittlung durch wissenschaftliche und praktische Erfahrung auf diesem Gebiet. Feedback und Zielvereinbarungen gehören zur klassischen Herangehensweise, um auch nachweislich Lernfortschritte zu belegen. Das ist recht unspektakulär, bringt aber langfristige Lernerfolge in der Förderung und persönlichen Entwicklung des Schützlings. Daher ist dieser Weg auch deutlich effektiver als grenzwertige Ansätze, für die keine logischen und wissenschaftlichen Theorien existieren.

Eltern sollten sich bei der Suche nach passender Hilfe auch nach der Methodik erkundigen – ist diese fachdidaktisch nachvollziehbar? Oder entstammt sie vielleicht irgendwelchen Pseudo-Methoden?

Wir haben zu dieser Thematik im Fachmagazin wirtschaft & weiterbildung eine gute Buchempfehlung entdeckt.

Das „Schwarzbuch Personalentwicklung – Spinner in Nadelstreifen“ von Dr. Viktor Lau befasst sich zwar mit der Weiterbildung von Fach- und Führungskräften. Man kann die Aussagen dieses Buches auch auf unseren Fachbereich übertragen, der schon seit vielen Jahren sehr fragwürdige Blüten treibt.  Nicht selten kommen diese Ansätze auch bei verschiedenen Lerntherapeuten, Logopäden und Ergotherapeuten zur Anwendung.

Das Buch ist im Verlag Steinbeis-Edition erschienen.

Erstveröffentlichung 13.09.2013, überarbeitete Version vom 31.08.2016

Einen weiteren Artikel zum Thema: LRS-Förderung ist frei von alternativ-esoterischen Ansätzen, finden Sie hier.