Rezension: Die Smartphone-Epidemie

9783608963687Der Psychiater Manfred Spitzer veröffentlichte mit seinem Buch eine erneute Streitschrift unter dem Titel „Die Smartphone-Epidemie – Gefahren für Gesundheit, Bildung und Gesellschaft“. Als Fachleute haben wir tagtäglich mit Menschen zu tun, die Probleme mit dem Schriftspracherwerb haben. Dabei stellen wir schon seit längerem fest, dass sich ein übermäßiger Konsum von Smartphones und anderen neuen Medien schädlich auf die sprachliche, kognitive und psycho-emotionale Entwicklung der Betroffenen auswirken kann. Wir sind der Ansicht, dass viele Schwierigkeiten, die sich dann als LRS zeigen, auf einen unachtsamen Medienkonsum zurückzuführen sind. Manfred Spitzer liefert dafür weitere wissenschaftlich fundierte Fakten. So kann sich eine übermäßige Handynutzung ungünstig auf die gesamte Entwicklung der Kinder auswirken, wobei das insbesondere die sprachliche und speziell die schriftsprachliche Entwicklung durch Auftreten von Konzentrationsproblemen betrifft. Das unterstützt unsere These, dass es verschiedene Ursachen für Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten bei Kindern geben muss. Einerseits werden diese durch Umwelteinflüsse begünstigt, andererseits können sie von familiären Häufungen herrühren.

Spitzer mag in der Fachwelt mit seinen Thesen und seiner Kritik umstritten sein. Sein Buch liefert einige Hinweise darauf, dass sich ein unachtsamer Medienkonsum ungünstig auf die psychische Gesundheit, die Bildung und unser gesellschaftliches Zusammenleben auswirken kann. Es zeigt sich auch in unserer wissenschaftlichen Arbeit, dass sich ein unkontrollierter Konsum der neuen Medien ungünstig auf die kindliche Entwicklung auswirken kann. Das sagen wir nicht, weil wir so konservativ sind und die neuen Medien allgemein ablehnen. Diese können aus unserem heutigen Lebensalltag nicht mehr verbannt werden. Das betrifft auch das Leben unserer Kinder. Aber viele Fakten sprechen dafür, dass wir Fachleute die Eltern von betroffenen Kindern auf die negativen Auswirkungen hinweisen sollten. Wir sollten auch unser eigenes Verhalten reflektieren, denn wir Erwachsenen sind mit unserem Verhalten prägende Vorbilder, die von den Kinder nachgeahmt werden. Dabei spielt unser eigenes Medienverhalten eine wichtige Rolle, um den Kindern einen vernünftigen Konsum neuer Medien vorzuleben. Anstatt die Mediennutzung zu verteufeln, brauchen wir einen vernünftigen medienpädagogischen Ansatz.

Spitzers Streitschrift ist lesenswert, besonders wenn wir einer negativen Entwicklung der Schriftsprache bei unseren Kindern entgegenwirken wollen. Hier ist unserer Auffassung nach Selbstkritik und ein achtsamer Umgang bei uns Erwachsenen gefragt. So besteht die Chance, die positiven Dinge der neuen Medien effektiv zu nutzen. Es macht keinen Sinn, die Smartphones als einen wichtigen Teil der neuen Medien zu verteufeln. Sie sollten aber auch nicht als Heilmittel zur chancengleichen Bildung für Kinder glorifiziert werden – so ein hegemonialer Streit bringt uns nicht weiter. Hier ist eine hinterfragende Nutzung der Smartphones und anderer neuer Medien wichtig. Denn bis heute stimmt die Aussage: Die Dosis macht das Gift! So sollte man auch die Nutzung und den Umgang mit Smartphones und den neuen Medien sehen. Spitzer hat sicherlich recht: Wenn wir die Dosierung nicht in den Griff bekommen, kann diese Mediennutzung epidemische Auswirkungen haben. Diese werden sich mit Sicherheit auf die Gesundheit, die Bildung und die Gesellschaft allgemein auswirken.

Jeder Erwachsene verfügt über genügend Intelligenz und Mündigkeit seine Mediennutzung zu reflektieren, weshalb den Eltern hierbei eine wichtige Vorbildfunktion zukommt. Natürlich müssen auch die Schulen über gute Förderansätze verfügen, damit eine Digitalisierung mit Maß im Zeitalter der Wissensgesellschaft gelingen kann.

Manfred Spitzers Streitschrift: Digitale Demenz

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Der Hirnforscher Manfred Spitzer ist für unbequeme Bücher bekannt. Nun hat Spitzer ein weiteres Buch zum Thema: Digitale Demenz – Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen, herausgegeben.

Spitzer setzt sich analytisch kritisch mit dem Thema digitale Medien auseinander. Er ermahnt uns Erwachsene den eigenen Medienkonsum zu hinterfragen. Sicherlich wird Spitzer von manchen Kritikern als altmodisch belächelt, weil er die hochgepriesene Computerspiel-Pädagogik unserer Bildungspolitiker und die mächtige Lobby der Softwareunternehmen durchblickt und hinterfragt. Eine unabhängige und kritische Beobachtung ist aber von einem Wissenschaftler zu erwarten. Der eben die gesellschaftlichen Entwicklungen, auch wenn sie nicht bequem sind differenziert beobachtet.

Er kritisiert die unreflektierte Nutzung neuer Technologien und warnt das wir Kinder zu früh mit Online-Spielen oder Konsolen abhängig machen können. Denn neuere internationale Forschungsprojekte stellen dem lernen mit digitalen Medien kein gutes Zeugnis aus. Diese Ergebnisse zeigen: digitale Medien können langfristig den Körper vor allen dem Geist und Psyche negative Auswirkungen haben, die auch depressive Störungen fördern können.

Besonders wenn wir nur noch googeln, surfen, chatten und posten, lagern wir geistige Arbeit aus. Und wenn man es auf langfristiger Weise übertreibt, kann daraus ein schleichender Prozess sich entwickeln mit suchtartigen Symptomen ähnlich einer Alkoholkrankheit, der auch die sogenannte digitale Demenz umschreibt. Sie ähnelt einem geistigen Abstieg eines Alzheimer Patienten. Die Beobachtungen machten zuerst Mediziner im hochtechnologisierten Südkorea im Jahr 2007, wo der besagte Begriff entstand.

Spitzer legt nahe, dass man mit einer unbedachten Nutzung der modernen Medien auch Lernschwächen im Lesen, Schreiben und Rechnen, Gedächtnis-, Aufmerksamkeit- und Konzentrationsstörungen fördert.

Spitzer bestätigt jedenfalls unsere Sicht, dass man so Lernschwächen wie man sie im Bildungswesen pauschal als Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS) und Rechenschwäche definiert damit fördert bzw. den Erwerb dieser Schwächen.

Erworbene Schwächen können aber durch ein bewusstes Medienverhalten überwiegend vermieden werden. Leider wollen verschiedene Lobbys diese Probleme nicht unterscheiden. Manfred Spitzer bestätigt in seinem Buch, dass die, die imstande sind, familiäre (Legasthenie und Dyskalkulie) und erworbene Schwächen zu unterscheiden auf dem richtigen Weg sind.

Denn Legasthenie und Dyskalkulie gab es schon immer, die erworbenen Probleme wie LRS und Rechenschwächen als auch die umstrittenen Konzentrationsschwächen ADS und AD(H)S sind überwiegend eine Ursache des modernen gesellschaftlichen Verhaltens die man als Schwäche zu therapieren versucht. Ein rücksichtsvoller Umgang mit den Medien, egal welchen Medien könnte viele Probleme vermeiden helfen.

Die Medienindustrie wie auch die Pharmaindustrie mit ihren Selbsthilfeverbänden haben ersichtlich nicht das Wohl von uns wie auch unseren Kindern im Blickfeld, sondern den maximalen Profit.

Fazit:

Dieses Buch sollte uns jedenfalls ermuntern den technischen Fortschritt, der nicht mehr rückgängig gemacht werden kann und deren Auswirkungen im positiven wie im negativen zu hinterfragen. Unsere Kinder müssen wir unbedingt den kritischen Umgang im Hinblick mit modernen Medien beibringen. Was nicht heißt die Arbeit mit dem Computer zu verteufeln, nein ein maßvoller Umgang mit den Neuen Medien ist wichtiger.

Hier sind wir natürlich auch als Erwachsene gefragt aber auch die Schulen, die mit qualifizierten Medienpädagogen die Kompetenzen im Umgang mit den neuen Technologien fördern. Sie sollten auch ein gewisses Maß an Verständnis über die möglichen Gefahren verfügen, wenn unsere Kinder und Jugendlichen die eigene Kontrolle über ihr Nutzerverhalten verlieren.

Auch die Bildungspolitik sollte durchdachte Konzepte für die Arbeits-, Lern- und Lebenswelt entwickeln und die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigen. So könnte man eine bessere Prävention der viel diskutierten Verhaltens- und Konzentrationsprobleme sowie erworbene Lernschwächen umsetzten, statt immer mehr Abhänge für die Medien- und Pharmakonzerne zu produzieren – die man präventiv vermeiden könnte.