Legasthenie in der öffentlichen Verwaltung

 

Wer kennt es nicht? Unsere deutsche Verwaltung ist für ihre Behäbigkeit bekannt, die auch legasthene Menschen zu spüren bekommen. Viele Betroffene haben mit der Schwerfälligkeit der öffentlichen Verwaltungen zu kämpfen. Diese haben, wie auch viele Schulen, wenig Verständnis für unsere Problematik.

Sicherlich gibt es positive Beispiele für zielgerichtete Hilfe, aber leider sind legasthene Menschen in diesen Institutionen oft größeren Hürden ausgesetzt. Eine berufliche Weiterbildung ist für sie nicht leicht zu bekommen, denn die Betroffenen müssen sich mit den behördlichen und arbeitsrechtlichen Regelungen gut auskennen. Es kommt öfters vor, dass Legastheniker in Behörden arbeiten. Warum auch nicht? Warum sollten Legastheniker und Legasthenikerinnen keine guten Polizisten, Finanz- oder Justizbeamten sein? In den letzten Jahren haben wir sogar Beamte in höheren Laufbahnen begutachten können.

Dabei ging es nie um die fachlichen Fähigkeiten, die in der Regel nicht zu beanstanden sind. Das größte Problem ist die Fähigkeit, schriftliche Aufgaben und Texte schnell und fehlerfrei zu erfassen. Eine weitere große Herausforderung ist dann das „Behördendeutsch“, in das sich die Betroffenen erst einarbeiten müssen. Auch ist es oft schwierig, Hilfsmittel am Computer einer Behörde zu nutzen. Viele Betroffene scheitern an diesen Hürden. Staatliche Institutionen reden gerne von Inklusion und beruflicher Integration – aber sie sind selten gute Vorbilder.

In der Privatwirtschaft sieht es in dieser Hinsicht etwas besser aus. Auch wegen des „Fachkräftemangels“ sind einige private Unternehmen bereit, ihre Mitarbeiter mit speziellen Bildungsmaßnahmen und beruflichem Coaching zu unterstützen. Von staatlicher Seite ist davon kaum etwas zu spüren. Hier herrscht leider sehr wenig Verständnis für unsere Problematik. Entweder kommen die Betroffenen mit den Anforderungen ihres Jobs zurecht, oder sie scheitern eben. Legastheniker können auf vielen Berufsfeldern arbeiten, auch in vielen Bereichen der öffentlichen Institutionen. Hier braucht es mehr Flexibilität seitens der Behörden und Investitionen in die Mitarbeiter. Dann können die vielen guten Fachleute, die es auch unter Legasthenikern gibt, gut in die öffentlichen Einrichtungen integriert werden.

Fazit: Es wäre toll, wenn sich hier etwas bewegen würde, dann hätten viele legasthene Menschen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

 

Auf Arbeit ist Legasthenie ein Stigma

Auf Arbeit ist Legasthenie ein StigmaIm persönlichen Leben kommt es oft zu einer Stigmatisierung legasthener Menschen. Viele Arbeitgeber können die vielfältigen Probleme der Legastheniker im Arbeitsumfeld nicht nachvollziehen. Deshalb ist die Legasthenie auch auf der Arbeit häufig mit einem Stigma behaftet.

Erwachsene Legastheniker finden sich in der Arbeitswelt mit ihren Stärken im fachlichen Umfeld und den dazu vorhandenen Schwächen beim Lesen und Schreiben nur selten richtig verstanden und wahrgenommen. Einerseits werden sie häufig als „Behinderte“ wahrgenommen, andererseits wissen nur wenige Arbeitgeber, was es tatsächlich bedeutet legasthen zu sein. Hier ist noch viel Aufklärung nötig.

Deshalb wagen Betroffene sich nur selten in der Arbeitswelt als Legastheniker zu outen. Sie schämen sich, ihre Schwäche dem Arbeitgeber mitzuteilen. Aber jeder, der dieses Stigma in seinem Leben bewältigt, hat gute Chancen, die Schwierigkeiten im Arbeitsumfeld zu kompensieren. Dafür braucht es gegenseitiges Verständnis und Vertrauen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Nur wenige Betroffene wollen als „Behinderte“ wahrgenommen und verstanden werden. Der größte Teil nimmt sich als normal wahr und versucht seine spezielle Lese-Rechtschreib-Schwäche zu akzeptieren. Die im Berufsleben Erfolgreichen haben sich vor allem auf ihre Stärken konzentriert, sodass die vorhandene Legasthenie nicht als störend wahrgenommen wurde. Das betrifft viele versierte Handwerker, Rechtsanwälte, Chefärzte oder erfolgreiche Unternehmer.

Häufig war das familiäre Umfeld der Betroffenen maßgeblich dafür verantwortlich, welches sie in der frühen Kindheit unterstützt und gefördert hat. Dadurch konnten sie gute Fähigkeiten zur Kompensation ihrer Schwäche erwerben und sie sind deshalb psychisch stabil geblieben. Viele Menschen, die ein solch stützendes Umfeld nicht erlebten, wurden dagegen unsicher und instabil. Sie erlebten ihre Legasthenie häufig als Stigma, was sich dann auch im Berufsleben niederschlagen kann.

Das Leben legasthener Menschen verläuft wie bei allen anderen Menschen recht unterschiedlich, das zeigt sich in ihren Kindheiten, der schulischen wie beruflichen Ausbildung genauso wie in den beruflichen Kontexten. Daher wird auch ein mögliches Stigma von ihnen sehr unterschiedlich erlebt.

Haben Betroffene ihre berufliche Passion gefunden, empfinden sie ihre Schwäche nicht so stark, als wenn sie in Berufen arbeiten müssen, die nicht ihren Fähigkeiten und Begabungen entsprechen. Manche Betroffene werden vom Arbeitsamt / Jobcenter in Maßnahmen gesteckt, die für sie unpassend sind. Wenn die Berufsberater sich nicht mit den Chancen und Schwierigkeiten der Betroffenen auskennen, kann das für diese wirklich zu einem erlebten Stigma werden. Dagegen wird der Tischlergeselle, der seine Leidenschaft in seinem Beruf ausleben kann, diese Erfahrungen nicht als Ablehnung erleben. Denn er fokussiert sich auf seine handwerklichen Fertigkeiten, also seine natürlichen Ressourcen. Der Fokus auf die vorhandenen Fähigkeiten mindert das Risiko eines Stigmas.

Viele Arbeitgeber kennen sich mit dem Thema Legasthenie nicht aus. Jeder Betroffene muss sich selbst für seine Rechte starkmachen. Dabei kann ein offenes und ehrliches Gespräch mit dem Chef von großem Nutzen sein. Man sollte dabei nicht mit der Tür ins Haus fallen, sondern sich um eine vertrauensvolle Atmosphäre bemühen. Dann hat man eine gute Chance, dem Arbeitgeber von seinen Schwierigkeiten beim fehlerfreien Schreiben oder dem Verständnis gelesener Texte zu berichten.

Das Outing der Legastheniker gegenüber dem Arbeitgeber ist nicht immer einfach, denn die Arbeitswelt der Betroffenen ist sehr unterschiedlich. Allgemein ist das Arbeitsumfeld gegenüber Menschen mit verschiedenartigen Handicaps heutzutage toleranter geworden. Aber vor allem in der freien Wirtschaft ist das noch ein großes Problem.

Es gibt kein Patentrezept, wie man eine Stigmatisierung der Betroffenen im Arbeitsumfeld vermeiden kann. Ihre Voraussetzungen sind auch hier sehr unterschiedlich, zum Beispiel ob sie Firmengründer sind oder als Angestellte arbeiten. Hier wäre ein gezieltes Coaching sinnvoll, um sich individuell gute Werkzeuge und Hilfestellungen zu erarbeiten. Das können Arbeitgeber und Betroffene gemeinsam angehen.

Legasthenie im Medizinstudium

Legasthenie im Medizinstudium

Legastheniker können in den verschiedensten Berufen arbeiten, wie wir hier schon mehrfach berichtet haben. Das gilt auch für den medizinischen Bereich. Es ist bisher nicht bekannt, wie viele Mediziner von Legasthenie betroffen sind. Wir haben aber schon mehrfach Legastheniker gesehen, die Human- bzw. Veterinärmedizin studieren oder bereits in ihrem Bereich arbeiten.

Intellektuell (vom Wissen her) ist das Medizinstudium für die meisten Betroffenen kein Problem. Allerdings wird in diesen Fachbereichen gar nicht oder nur selten über das Thema Legasthenie gesprochen und man outet sich noch seltener als in anderen Studiengängen. Die Hürden für Legastheniker sind in Bereichen wie Sozialarbeit, Architektur und anderen Ingenieurberufen scheinbar wesentlich geringer. Dagegen ist es in elitären Studiengängen wie Medizin, Psychologie und Jura ein größeres Stigma, sich als Legastheniker zu outen. Dies löst bei den Betroffenen häufig Ängste oder Selbstzweifel bei der Studienwahl aus, obwohl diese Studenten oft sehr gute akademische Leistungen erbringen, wenn sie ihren Fähigkeiten entsprechend angeleitet und unterstützt werden.

Viele der Betroffenen stoßen hier auf Unverständnis. Professoren oder Kollegen zweifeln an ihrer beruflichen Eignung, indem sie darauf hinweisen, dass sie nicht fehlerfrei lesen und schreiben können. Daraus resultiert ein starker Leistungsdruck, der sich auf die psychische Gesamtverfassung der Studenten auswirken kann. Die Betroffenen gehen mit diesem Druck sehr unterschiedlich um, wobei der familiäre Hintergrund und die erlebte schulische Entwicklung eine wichtige Rolle spielen.

Einige Legastheniker werden mit Sätzen konfrontiert wie „Wie kann man denn mit diesen Problemen einen solchen Beruf wählen? Das geht ja gar nicht!“. Das ist es, was einige betroffene Medizinstudenten in ihrem Alltag erleben. Oft werden die guten Fähigkeiten der Betroffenen nicht erkannt, weil bis heute angenommen wird, dass Legasthenie eine Krankheit oder Behinderung darstellt. Die Tatsache, dass die Legasthenie im Manual der ICD-10 als Lese-Rechtschreib-Störung aufgeführt wird, ist auch unter den angehenden Ärzten umstritten. Viele Mediziner sehen diese spezielle Lese-Rechtschreib-Schwäche als psychische Krankheit an. Deshalb ist es für viele Legastheniker ein großes Handicap, offen mit der Problematik umzugehen. Auf diese Weise werden die Betroffenen an einer besseren beruflichen Entwicklung gehindert. Mit einer pragmatischeren Herangehensweise könnten sie besser integriert werden, indem ihr persönliches und berufliches Potential unabhängig von den schriftsprachlichen Fähigkeiten erkannt und gefördert wird.

Legastheniker wählen nicht selten die Medizin als Studienfach. Das mag mit ihren meist guten naturwissenschaftlichen Kenntnissen zusammenhängen. Außerdem sind sie oft sehr sozial und mitfühlend. Daher eignen sie sich gut für diese Berufe, sofern sie akademisch leistungsfähig sind.

Es wäre gut, wenn die Fachbereiche aufgeklärter mit diesem Thema umgehen würden. Außerdem sollte das medizinische Krankheitsbild der Legasthenie als Lese-Rechtschreib-Störung hinterfragt werden. Denn es bedeutet für die Betroffenen oft eine Diskriminierung anstatt der notwendigen Integration ins Arbeitsleben.

Die Bildungspolitik sollte diesem Thema mehr Aufmerksamkeit widmen. Sonst verpassen wir hier weiterhin viele gute Möglichkeiten, das gute Potential legasthener Menschen zu nutzen.

 

Wir bieten umfassende Hilfe für erwachsene Legastheniker

Legasthenie Coaching bietet Beratung, Diagnostik und Einzelförderung für erwachsene Legastheniker

Legasthenie Coaching – Institut für Bildung und Forschung Dresden bietet Erwachsenen mit Legasthenie und anderen Lese-Rechtschreib-Schwächen individuelle Beratung für die berufliche Laufbahn und Bewältigung der Schwäche an.

Lars_Michael_Lehmann von Legasthenie CoachingDer Gründer des Instituts Lars Michael Lehmann ist selbst Legastheniker und ein erfahrener Experte auf diesem Gebiet. Mit seiner Arbeit ist er im deutschsprachigen Raum bekannt geworden. Er musste sich von der Sonderschule für Lernbehinderte persönlich und fachlich zum Experten und Wissenschaftler weiterentwickeln. Deshalb weiß er sehr genau, welche Herausforderungen es geben kann, sich als Betroffener für den richtigen Beruf zu entscheiden. Heute ist bekannt, dass Legastheniker die meisten Berufe ausüben können. Ausnahmen sind zum Beispiel sprachwissenschaftliche Berufe wie Germanist oder Berufe mit schwieriger schriftlicher Korrespondenz in Deutsch oder einer Fremdsprache.

Betroffene erhalten bei Legasthenie Coaching eine kostenfreie Erstberatung und eine wissenschaftlich fundierte Feststellung der Schwere der Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben. Damit können Betroffene einen Nachteilsausgleich für die Berufsausbildung oder das Studium erhalten, der mehr Zeit bei schriftlichen Arbeiten beinhaltet. Das Institut hilft bei der Antragstellung des Nachteilsausgleiches bei der IHK, der Handwerkskammer oder Hochschulen bzw. Universitäten.

Es lohnt sich auch im Erwachsenenalter etwas gegen die Legasthenie zu tun, auch wenn sie häufig das ganze Leben über bestehen wird. Kompensiert werden kann sie mit Hilfe einer speziellen lerntherapeutischen Einzelförderung und einem berufsorientierten Coaching. Leider gibt es für diese Förderung keine staatliche Unterstützung. Betroffene können bei Legasthenie Coaching einen formlosen Antrag auf einen finanziellen Zuschuss stellen, wenn sie eine Bedürftigkeit nachweisen können. Das betrifft Bezieher von BAföG, Arbeitslosengeld 1 bzw. 2 sowie anderen Sozialleistungen.

Die Bewältigung einer Legasthenie im Erwachsenenalter verläuft bei jedem Betroffenen unterschiedlich und hängt von der Schwere der Schwäche, dem schulischen Kontext und der persönlichen Lernbereitschaft ab. Es gibt Betroffene, die ihre Schwäche gut bewältigt haben und erfolgreich im Berufsleben stehen. Andere haben zusätzliche seelische Probleme entwickelt, die eine Bewältigung der Legasthenie erschweren können. Deshalb ist die Arbeit mit Erwachsenen wesentlich komplexer als das bei Kindern und Jugendlichen der Fall ist.

Das Institut hat langjährige Erfahrung im genauen Erkennen der Schwäche und in der Bewältigung der Legasthenie im Erwachsenenalter. Ziel ist es, die Betroffenen dahingehend zu unterstützen, ihre Lernschwäche entsprechend ihrer Möglichkeiten zu kompensieren, damit sie ein unabhängiges und selbstbestimmtes Berufs- und Privatleben führen können. Andererseits sollen die Betroffenen, wenn nötig, wieder seelisch gesund werden, wozu auch andere psychologische Hilfen genutzt werden sollten. Denn Legastheniker können ihre Schwäche nur dann bewältigen, wenn sie seelisch stabil sind.