lrs schule

Unsere langjährige Erfahrung zeigt, dass nicht alle Lese-Rechtschreib-Schwächen im Schulwesen identifiziert werden. Es gibt viele Gründe, warum eine hohe Dunkelziffer im Bildungswesen nicht richtig oder früh genug bemerkt wird.

Fachgespräche und Erfahrungen

Im letzten Fachgespräch mit der LaSuB wurde deutlich, dass nicht alle Kinder im LRS-Screening in der 2. Klasse entdeckt werden. Diese Situation erleben wir auch in unserer Beratung und Diagnostik: Die Schwierigkeiten werden nicht immer richtig wahrgenommen, und einige Kinder fallen mit ihren Problemen im Lesen und Schreiben in der Schule nicht auf. Die nicht identifizierte Dunkelziffer der LRS-Fälle könnte recht groß sein, verlässliche Studien dazu gibt es nicht.

Fallbeispiel: Max‘ unentdeckte Lese-Rechtschreib-Schwäche

Max ist ein achtjähriger intelligenter und kreativer Schüler. Seine Eltern merken schon länger, dass ihr Sohn Schwierigkeiten im Fach Deutsch hat. Sein Vater erinnert sich an seine Schulzeit, da er ein sehr ähnliches Problem im Lesen und Schreiben hatte. Ähnlich intelligent, wortgewandt und kreativ, wie man es von Legasthenikern immer wieder in den Medien und Öffentlichkeit hört. Die Eltern machen sich schon länger Gedanken über die Schwierigkeiten von Max in Deutsch in der Grundschule. Er geht gerne in die Schule und ist ein vielgeschätzter, empathischer Mitschüler. Aber wenn es um das Lesen geht, wird es häufig zu einem Kampf, was zu innerfamiliären Reibereien führen kann. Wenn sich Kinder dem Lesen verweigern, kann es schon zu emotionsgeladenen Streitereien in der Familie kommen. Dann ist das Schreiben nach Auffassung der Mutter eine Katastrophe. Max hat eine krakelige Schrift, die die Mutter kaum richtig entziffern kann. Und die fehlerfreie Schreibung ist von Tag zu Tag unterschiedlich. Auch einfache Wörter, wie „Hund“, werden als „Hnt“ und „für“ mit Vogel-V geschrieben. In Arbeiten oder in Übungen zu Hause sind häufig mehr als die Hälfte der Wörter falsch geschrieben. Nun hatte die Mutter die Hoffnung, dass die Probleme in der Schule im LRS-Screening bei Max wahrgenommen werden. Die Schule meldete sich nicht, Max hatte demnach keine Schwierigkeiten. Sonst hätte die Schule für ein LRS-Feststellungsverfahren weitergemeldet. Und die verzweifelte Mutter suchte bei uns Rat und eine unabhängige LRS-Feststellung. In den letzten 15 Jahren haben wir viele Hunderte solcher und viel komplexere Fälle erlebt.

Mögliche Ursachen für die Nicht-Erkennung von LRS

In der 2. Klasse, 1. Halbjahr, wird an Schulen in Sachsen, Dresden und Umland der sogenannte Bilderliste-Test (BPL) durchgeführt. Dieser Test soll auffällige Kinder mit Problemen im Schreiben identifizieren.

 

Durchführung des LRS-Tests in der 2. Klasse

 – Es werden im Bilddiktat 24 Wörter geschrieben.

– Ziel ist es, den Entwicklungsstand phonologisch einfacher Wörter, mittelgradiger phonologischer Komplexität der Innersilbengrenze (z.B. „Himmel“ → „Him-mel“) sowie phonologisch komplexe Wörter (z.B. „Eichhörnchen“ → „Eich-hörn-chen“) zu erfassen.

 Herausforderungen bei der Testung

 

– Die Kinder zeigen je nach Tagesverfassung unterschiedliche Leistungen, was die Fehlerhäufung schwanken lässt.

– Begleiterkrankungen in Sprache, Motorik, schwankende Konzentration, stressige Testsituation, Arbeitsgedächtnis, kognitiver Entwicklung oder seltene Erkrankungen der Augen und Ohren können die Ergebnisse beeinflussen.

 

Kinder, die mit LRS durch das Raster fallen

 

– Manche Kinder haben diese Herausforderungen nicht in hohem Maße, sind wortgewandt, intelligent und kreativ – sie fallen häufiger durch das Raster.

– Screenings werden nicht immer durchgeführt, weil Personal fehlt oder Lehrer sich mit der Thematik LRS zu wenig auskennen.

– Die Werte in der Bilderliste können falsch eingeschätzt werden.

– Tests werden nicht im Einzeltest durchgeführt, was die Prognose erschwert, wenn begleitende Probleme der Kinder nicht erkannt werden.

 

Empfehlungen für Eltern mit Kinder bei LRS-Verdacht

Bei gravierenden Problemen sollten Eltern mit ihren Kindern auch die medizinische Seite genauer abklären und sollten sich bei einem Experten für Legasthenie und LRS melden, der eine hohe Expertise und Berufserfahrung in diesem Gebiet hat. Dazu ist es gut, wenn die Fachperson auch aus persönlicher Erfahrung sprechen kann, das ermöglicht eine genauere Diagnostik und Hilfe für die Eltern. Wenn Fachpersonen durch ihr fachliches Know-how und Bewältigung der Schwäche ihre Erfahrungen helfen können. Bei schwer einzuordnenden Problemen ist es ratsam, dass Familien ins SPZ gehen, wo der medizinische Fachbereich (KJP, Psychiatrie) mehr Aufschluss geben kann.

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