fachaufsatz1 2022In diesem Artikel wollen wir den Zusammenhang von sozialen Umweltfaktoren und erworbenen Lese-Rechtschreib-Schwächen (LRS) beleuchten. Seit vielen Jahren wird in der Fachwelt diskutiert, inwieweit soziale Einflüsse das Erlernen der Schriftsprache bei Kindern fördern oder behindern. Denkbar ist hier die soziale Benachteiligung betroffener Familien, die den Erwerb einer LRS begünstigen kann.

Leider wird das Thema „Soziale Umwelt“ in der Fachwelt nur am Rande erwähnt. Die Ursachen der verschiedenen Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten werden in Forschung und Praxis kaum berücksichtigt. In unserer langjährigen Arbeit ist uns sehr deutlich geworden, dass zwischen familiär bedingter Legasthenie und erworbener LRS unterschieden werden muss.

Das soziale Umfeld spielt bei erworbenen Schwierigkeiten im Schriftspracherwerb im Kindesalter eine große Rolle. Wichtige Faktoren sind hier z.B. fehlende Lernanreize innerhalb der Familie, die Bildungsferne der Eltern und andere ungünstige sozio-ökonomische Bedingungen des Familiengefüges. Die Legasthenieforschung hat dem soziologischen Bereich bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Es wurde nur am Rande erwähnt, dass diese Indikatoren bei LRS eine dominierende Rolle spielen können. Diese können sich dann auf die gesamte schulische und sozial-emotionale Entwicklung der LRS-Kinder auswirken.

Bei Kindern mit Legasthenie spielen sozial-umweltbezogene Aspekte eine geringere Rolle. Hier nehmen Faktoren wie die familiäre Häufigkeit, die frühkindliche Entwicklung (Sprache und Motorik) und neurologische Besonderheiten in der sprachlichen Verarbeitung eine wichtigere Rolle ein als bei einer erworbenen LRS, bei der soziale Umweltprobleme oft dominieren.

Die hier beschriebenen Probleme müssten schon seit vielen Jahren durch die Bildungspolitik angepackt werden. In der Pädagogik ist der Containerbegriff LRS nur eine allgemeine grobe Zusammenfassung aller Schwierigkeiten beim Schriftspracherwerb. Auch wenn bis heute noch nicht alle Ursachen für die Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten erforscht sind, kann man davon ausgehen, dass es sehr unterschiedliche Lese-Rechtschreib-Probleme gibt. Nicht zu unterschätzen ist dabei das Thema der sozialen Benachteiligung der betroffenen Familien. Diese sozialen Probleme können von Generation zu Generation weitergegeben werden. Bei frühzeitiger Diagnose und Förderung könnte die LRS in sozial benachteiligten Familien vermieden werden, wenn diesem Aspekt mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Fazit:

Es gibt Lese-Rechtschreib-Schwächen, die durch soziale Benachteiligung erworben werden. Dies ist nach unseren praktischen Erfahrungen und dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nachvollziehbar und muss von der Fachwelt berücksichtigt werden. Dafür bedarf es noch viel fachlicher Diskussion und der Offenheit, sich mit den realen Ursachen wissenschaftlich auseinanderzusetzen.