Seit mehr als fünf Jahrzehnten wissen Wissenschaftler, dass Resilienz – die Fähigkeit, Belastungen zu bewältigen – ein zentraler Schutzfaktor für die psychische Gesundheit ist. Auch Kinder mit Lese‑Rechtschreib‑Schwäche (LRS) profitieren davon. Resilienz ist zwar kein Allheilmittel, doch sie unterstützt betroffene Kinder dabei, Lernschwierigkeiten besser zu meistern und langfristig stabile Entwicklungen zu zeigen. In diesem Beitrag erfahren Sie, welche familiären Bedingungen LRS begünstigen können und welche konkreten Maßnahmen Eltern ergreifen können, um die Resilienz ihrer Kinder zu stärken.
Ungünstige Familienbedingungen und ihr Einfluss auf LRS
Fachleute diskutieren seit langem, ob ein instabiles Familienumfeld das Risiko für LRS erhöhen kann. Sicherheit, Liebe, Annahme, Hoffnung und Mut bilden die Basis für ein resilient‑starkes Kind. Fehlt diese Basis, können LRS‑Symptome verstärkt auftreten. Typische Risikofaktoren sind:
- Keine Lese‑Vorbildfunktion – Eltern lesen selten oder gar nicht.
- Keine Schreib‑Vorbildfunktion – Eltern schreiben wenig, weder am PC noch von Hand.
- Geringe Schreib‑Aktivität im Haushalt – Schreiben wird kaum als Alltagstätigkeit erlebt.
- Niedriger Bildungs‑hintergrund – Eltern vermitteln wenig Interesse an Lesen und Schreiben.
Diese Bedingungen können die Entwicklung einer LRS begünstigen, weil Kinder kein positives Lernumfeld erhalten.
Fallbeispiel : Jens
Jens wuchs in einer instabilen Familie mit bildungsfernem Hintergrund auf. Seine Eltern zeigten kaum Interesse am Lesen oder Schreiben, sodass Jens viel Zeit mit digitalen Medien verbrachte – ein Faktor, der seine sprachliche Entwicklung verlangsamte. Nach der Trennung seiner Eltern lebte er im Wechselmodell, erhielt wenig emotionale Unterstützung und entwickelte Angst sowie ADHS‑ähnliche Symptome. In der zweiten Klasse wurde bei ihm eine schwere LRS diagnostiziert. Trotz Besuch einer LRS‑Klasse blieb der Fortschritt gering, weil das familiäre Umfeld nicht die notwendige Resilienz‑Stärkung bot. Jens’ Geschichte verdeutlicht, wie ein ungünstiges Familienumfeld die psychische Gesundheit von LRS‑Kindern zusätzlich belasten kann.
Was können Eltern konkret tun?
1. Gesunde Eltern‑Kind‑Beziehung fördern
- Regelmäßige Qualitätszeit: Tägliche Gespräche ohne Ablenkungen (Handy, TV).
- Emotionale Sicherheit: Offene Kommunikation über Ängste und Sorgen.
- Positive Verstärkung: Lob für Anstrengungen statt nur für Ergebnisse.
2. Lesen und Schreiben als Familienritual etablieren
- Gemeinsames Vorlesen – Jeden Tag etwa 15 Minuten ein Buch auswählen, das das Kind interessiert, und laut vorlesen.
- Kurz‑Schreib‑Projekt – Zusammen eine kleine Einkaufsliste, einen kurzen Brief an die Großeltern oder eine Mini‑Geschichte verfassen (ca. 10 Minuten).
- Tagesreflexion – Am Abend 5 Minuten darüber sprechen, was gut gelaufen ist und wo es Herausforderungen gab.
- Entspannungsübung – Vor dem Schlafengehen 3 Minuten einfache Atemtechniken oder leichte Dehnübungen durchführen.
- Bildschirm‑Pause – Während der Lese‑ und Schreib‑Zeit digitale Geräte ausschalten, um die Konzentration zu fördern.
- Positives Feedback – Anstatt nur das Ergebnis zu loben, die Anstrengung und den Fortschritt hervorheben („Du hast dich wirklich bemüht, die Geschichte zu schreiben!“).
- Routinen sichtbar machen – Einen kleinen Wochenplan an die Wand hängen, in dem die täglichen Lese‑/Schreib‑Zeiten eingetragen sind, damit das Kind die Struktur sieht.
- Gemeinsames Ziel setzen – Zusammen ein realistisches Wochenziel festlegen (z. B. „Wir lesen jede Woche ein Kapitel zusammen“) und am Ende gemeinsam feiern.
3. Frühzeitige professionelle Hilfe in Anspruch nehmen
- Schulberatung: Gespräch mit Klassenlehrerinnen und Sonderpädagoginnen.
- Psychologische Diagnostik: Fachärztinnen oder Therapeutinnen für LRS‑Diagnosen.
- Therapeutische Förderprogramme: Logopädie, Lerntherapie oder spezialisierte LRS‑Kurse.
4. Netzwerk und Austausch nutzen
- Eltern‑Gruppen: Erfahrungsaustausch in lokalen oder Online‑Communities.
- Informationsmaterial: Fachartikel, Podcasts und Webinare zum Thema LRS und Resilienz.
- Kontakt zu Expert*innen: Direktes Ansprechen von LRS‑Spezialist*innen für individuelle Beratung.
Fazit – Der Unterschied, den ein unterstützendes Umfeld macht
Der Fall von Jens zeigt deutlich, dass ungünstige Familienbedingungen die psychische Gesundheit von LRS‑Kindern verschlechtern können. Ein liebevolles, strukturiertes und lernförderndes Zuhause stärkt jedoch die Resilienz und ermöglicht betroffenen Kindern, ihre LRS‑Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen. Eltern, die ihr Verhalten reflektieren und aktiv an der Förderung von Lesen, Schreiben und emotionaler Sicherheit arbeiten, legen den Grundstein für langfristigen schulischen und persönlichen Erfolg ihrer Kinder.
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