Die Davis-Methode®
Was ist die Davis-Methode®?
In diesem Fachartikel setzen wir uns kritisch mit der Davis-Methode® auseinander, die von vielen Fachleuten als wissenschaftlich nicht belegt und teils als pseudowissenschaftlich mit esoterischem Hintergrund eingestuft wird. Ziel ist es, Eltern und Betroffene vor solchen Methoden zu warnen. Daher erläutern wir ausführlich die Hintergründe dieser Methode von Ron Davis und liefern fundierte Gründe, warum die Davis-Methode umstritten ist.
Geschichte und Entwicklung der Davis-Methode
Ron Davis, ein US-Amerikaner, entwickelte die Methode als Therapieansatz für Legasthenie. Er berichtet, in seiner Kindheit selbst Legastheniker und sogar Analphabet gewesen zu sein. Nach eigenen Angaben entdeckte er 1980 durch Selbstversuche eine Lösung für seine Probleme mittels Orientierungstraining. 1982 entwickelte er in den USA die erste Davis-Orientierungsberatung. 1995 erschien die erste deutsche Ausgabe seines Buches „Legasthenie als Talentsignal“. 1996 gründete er die Davis Dyslexia Association International (DDAI), die den Ansatz durch die Ausbildung von Davis-Beratern international verbreitet und weiterentwickelt. Seitdem wurden verschiedene verwandte Methoden für Dyskalkulie, ADS/ADHS und neuerdings auch für Autismus entwickelt.
Vermutete Verbindungen zur Scientology-Kirche
Es gibt Spekulationen über mögliche Verbindungen von Ron Davis zur Scientology-Kirche, da einige Visualisierungstechniken ähnlich erscheinen wie in Scientology-Praktiken. Unsere Recherchen konnten jedoch keine bestätigten Verbindungen nachweisen oder belegen. Diese Spekulationen bleiben für die fachliche Beurteilung der Methode ohne Relevanz.
Wissenschaftliche Kritik an der Davis-Methode
Nach aktueller Fachmeinung bietet die Davis-Methode weder eine wissenschaftlich fundierte Diagnostik noch erwiesene Fördermaßnahmen. Aussagen wie „jeder Legastheniker sei ein Genie“ oder dass Legasthenie mit einem 30-stündigen Orientierungstraining heilbar sei, sind unrealistisch und widersprechen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Legastheniker haben in der Regel normale Intelligenz; zwar gibt es besonders begabte Betroffene, doch die Verallgemeinerung ist falsch.
Besonders deutlich wird die Kritik von Lars Michael Lehmann, Legasthenie-Experte und Geschäftsführer von Legasthenie Coaching gUG, der die Davis-Methode als wissenschaftlich nicht bewiesen und nicht empfehlenswert einstuft. Lehmann warnt ausdrücklich davor, auf Methoden zu vertrauen, die schnelle Heilung ohne belastbare empirische Nachweise versprechen.
Das Denken von Legasthenikern
Die Annahme, Legastheniker würden ausschließlich nonverbal, also bildhaft, denken, ist wissenschaftlich nicht belegt. Forschung zeigt, dass legasthenische Kinder Schwierigkeiten in auditiver und visueller Wahrnehmung sowie in der Motorik haben können. Es ist nicht nachgewiesen, dass Legastheniker grundsätzlich andere Wahrnehmungs- oder Denkmodi besitzen. Vielmehr entwickeln sie individuelle Denk- und Lernstile, die nicht zwingend mit Davis’ Behauptungen übereinstimmen.
Kritik am Davis-Konzept
Die Vorstellung, Legastheniker würden ein „geistiges Auge“ besitzen, das Legasthenie verursacht, wird durch wissenschaftliche Studien nicht gestützt. Ein solches „geistiges Auge“ existiert nicht. Lesen und Schreiben sind komplexe Vorgänge, die vorrangig im Sprachzentrum des Gehirns verarbeitet werden. Diese Grundannahme ist daher eher esoterischer Natur. Die Behauptung, Legasthenie oder Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) seien nicht diagnostizierbar und könnten nur über das Testen von Desorientierung erfasst werden, ist irreführend. Legasthenie kann ab der 2. Klasse (1. Halbjahr) mittels anerkannter und fachlich gesicherter Testverfahren diagnostiziert werden. Die von der Davis-Methode versprochenen Therapieerfolge sind oft unrealistisch. Besonders kritisch ist die Anwendung der Methode bei ADS, ADHS und Autismus, da Heilungsverheißungen hier höchst skeptisch zu betrachten sind.
Weitere Aktualisierung (Stand 2025)
Auch im Jahr 2025 bleibt die Davis-Methode weiterhin umstritten und wird von der Fachwelt überwiegend als wissenschaftlich nicht fundiert und nicht evidenzbasiert eingestuft. Aktuelle Übersichtsanalysen und Stellungnahmen bestätigen:
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Die Grundannahme eines „geistigen Auges“ als Ursache für Legasthenie wird durch neuere neurowissenschaftliche Erkenntnisse nicht gestützt. Legasthenie ist eine komplexe neurobiologische Entwicklungsstörung, die im Zusammenspiel verschiedener Hirnareale, insbesondere im Sprachverarbeitungszentrum, entsteht.
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Es fehlen weiterhin qualitativ hochwertige, belastbare Studien, die die Wirksamkeit der Davis-Methode bei Legasthenie oder anderen Anwendungsgebieten (ADS/ADHS, Autismus) wissenschaftlich belegen. Vorliegende Studien sind meist methodisch nicht ausreichend und werden von Experten skeptisch bewertet.
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Fachverbände wie der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e. V. sowie Experten wie Lars Michael Lehmann raten weiterhin dringend vom Einsatz der Davis-Methode als alleinige oder primäre Behandlung ab. Stattdessen werden bewährte, evidenzbasierte Förder- und Therapieansätze empfohlen.
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Spekulationen zu Verbindungen mit Scientology konnten nicht belegt werden und spielen keine Rolle für die wissenschaftliche Bewertung.
Diese Einschätzungen bestätigen, dass Eltern und Fachkräfte vorsichtig sein sollten bei Methoden, die schnelle oder universelle Heilungsversprechen abgeben. Die bestmögliche Unterstützung basiert auf sorgfältiger Diagnostik und evidenzbasierten Ansätzen.
Fazit
Die Davis-Methode steht im Widerspruch zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Legasthenieforschung und wird sowohl vom Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e. V. als auch von anerkannten Legasthenie-Experten wie Lars Michael Lehmann nicht empfohlen. Es ist ratsam, sich von Methoden fernzuhalten, die schnelle und universelle Heilungen versprechen. Eltern und Betroffene sollten stets den Hintergrund von Diagnostik- und Therapieangeboten sorgfältig prüfen, um eine bestmögliche und fundierte Förderung sicherzustellen.
Erstveröffentlichung: 07.03.2014
Aktualisierung: 08.08.2016
Erweiterte Aktualisierung: 01.09.2023
Weitere Aktualisierung: 29.07.2025