Legasthenie im Medizinstudium

Legasthenie im Medizinstudium

Legastheniker können in den verschiedensten Berufen arbeiten, wie wir hier schon mehrfach berichtet haben. Das gilt auch für den medizinischen Bereich. Es ist bisher nicht bekannt, wie viele Mediziner von Legasthenie betroffen sind. Wir haben aber schon mehrfach Legastheniker gesehen, die Human- bzw. Veterinärmedizin studieren oder bereits in ihrem Bereich arbeiten.

Intellektuell (vom Wissen her) ist das Medizinstudium für die meisten Betroffenen kein Problem. Allerdings wird in diesen Fachbereichen gar nicht oder nur selten über das Thema Legasthenie gesprochen und man outet sich noch seltener als in anderen Studiengängen. Die Hürden für Legastheniker sind in Bereichen wie Sozialarbeit, Architektur und anderen Ingenieurberufen scheinbar wesentlich geringer. Dagegen ist es in elitären Studiengängen wie Medizin, Psychologie und Jura ein größeres Stigma, sich als Legastheniker zu outen. Dies löst bei den Betroffenen häufig Ängste oder Selbstzweifel bei der Studienwahl aus, obwohl diese Studenten oft sehr gute akademische Leistungen erbringen, wenn sie ihren Fähigkeiten entsprechend angeleitet und unterstützt werden.

Viele der Betroffenen stoßen hier auf Unverständnis. Professoren oder Kollegen zweifeln an ihrer beruflichen Eignung, indem sie darauf hinweisen, dass sie nicht fehlerfrei lesen und schreiben können. Daraus resultiert ein starker Leistungsdruck, der sich auf die psychische Gesamtverfassung der Studenten auswirken kann. Die Betroffenen gehen mit diesem Druck sehr unterschiedlich um, wobei der familiäre Hintergrund und die erlebte schulische Entwicklung eine wichtige Rolle spielen.

Einige Legastheniker werden mit Sätzen konfrontiert wie „Wie kann man denn mit diesen Problemen einen solchen Beruf wählen? Das geht ja gar nicht!“. Das ist es, was einige betroffene Medizinstudenten in ihrem Alltag erleben. Oft werden die guten Fähigkeiten der Betroffenen nicht erkannt, weil bis heute angenommen wird, dass Legasthenie eine Krankheit oder Behinderung darstellt. Die Tatsache, dass die Legasthenie im Manual der ICD-10 als Lese-Rechtschreib-Störung aufgeführt wird, ist auch unter den angehenden Ärzten umstritten. Viele Mediziner sehen diese spezielle Lese-Rechtschreib-Schwäche als psychische Krankheit an. Deshalb ist es für viele Legastheniker ein großes Handicap, offen mit der Problematik umzugehen. Auf diese Weise werden die Betroffenen an einer besseren beruflichen Entwicklung gehindert. Mit einer pragmatischeren Herangehensweise könnten sie besser integriert werden, indem ihr persönliches und berufliches Potential unabhängig von den schriftsprachlichen Fähigkeiten erkannt und gefördert wird.

Legastheniker wählen nicht selten die Medizin als Studienfach. Das mag mit ihren meist guten naturwissenschaftlichen Kenntnissen zusammenhängen. Außerdem sind sie oft sehr sozial und mitfühlend. Daher eignen sie sich gut für diese Berufe, sofern sie akademisch leistungsfähig sind.

Es wäre gut, wenn die Fachbereiche aufgeklärter mit diesem Thema umgehen würden. Außerdem sollte das medizinische Krankheitsbild der Legasthenie als Lese-Rechtschreib-Störung hinterfragt werden. Denn es bedeutet für die Betroffenen oft eine Diskriminierung anstatt der notwendigen Integration ins Arbeitsleben.

Die Bildungspolitik sollte diesem Thema mehr Aufmerksamkeit widmen. Sonst verpassen wir hier weiterhin viele gute Möglichkeiten, das gute Potential legasthener Menschen zu nutzen.

 

Legasthenie im Studium: „Ich denke bis heute manchmal: Ich bin dumm“

Legasthenie und im Studium

Legasthenie im Studium Am 07. Juni 2015 erschien mit der Gleichen Überschrift, ein Artikel zum Thema: Legasthenie im Studium bei der Süddeutschen Zeitung – der nicht unkommentiert, so stehen bleiben darf. Viele Behauptungen im Artikel sind fachlich nicht richtig dargestellt und rücken uns Legastheniker in ein falsches Licht.

Das fast jeder 200. Student von einer Legasthenie betroffenen sein könnte, spiegelt nicht die Realität von legasthenen Studenten wieder – weil, viele Legastheniker ein Studium ohne Legasthenie-Attest und Nachteilsausgleich an Unis und Fachhochschulen absolvieren. Die Dunkelziffer muss wesentlich höher sein! Daher ist die Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes dafür nicht aussagenkräftig. Nur ein sehr geringer Teil der Studenten kümmert sich, um einen Nachteilsausgleich. Ein Großteil kümmert sich häufig vor den der Prüfungen, um die Abschlussarbeit erfolgreich abzuschließen. So beobachten wir die Entwicklung in Dresden und Mitteldeutschland.

An den Hochschulen sind die Regelungen sehr unterschiedlich. Nicht alle erwarten von Studenten eine Attestierte Behinderung bzw. eine Beeinträchtigung von mindestens 30 Prozent. Da Hochschulen bis hin zu Berufsfachschulen sehr unterschiedlich mit den Problemen umgehen, drum ist die Gewährung eines Nachteilsausgleiches sehr unterschiedlich. In der Regel wird auch hier in Sachsen und Mitteldeutschland eine Zeitzugabe bei schriftlichen Arbeiten von 20-30 Prozent gewährt. Nicht alle Hochschulen und Berufsfachschulen kennen die Bezeichnung: Legasthenie, viele benutzen den Begriff LRS, wie er im Bildungswesen üblich ist. Dieser wird auch nicht als Behinderung verstanden, sondern lediglich als Lese-Rechtschreibschwäche.

Artikel bezieht sich auf die klinisch-psychologische Definition der Lese-Rechtschreibstörung (Legasthenie) (nach der WHO, ICD-10) indem beschrieben wird: „Sie ist eine dauerhafte und genetische bedingte Behinderung.“ Dies ist eine sehr gewagte These, die in der breiten Fachwelt unabhängig vom pharmanahen Bundesverband Legasthenie, keinen Konsens findet. Wie es erst neulich in der in der Stellungnahme der LegaKids-Stiftung vom 15.05.2015 der klinischen Leitlinien zu lesen war. Das eine Legasthenie eine Behinderung sein soll, ist als Verletzung der Menschenwürde zu sehen. Wir Legastheniker brauchen keinen Behindertenstatus!

Das sich Legastheniker häufiger als dumm empfinden, liegt nicht an der Legasthenie als solches, sondern viele verstecken sich mit ihren Problemen und bekennen sich nicht zu dieser Schwäche. Diese Schwäch ist lediglich als spezielles Persönlichkeitsmerkmal zu sehen: Der eine kann gut Geige spielen, der andere baut Computer zusammen. Die Begabungen der Menschen sind verschieden, die Ausprägungen und Ursachen dieser sind es Schwächen auch. Sie sind nicht therapierbar sondern mit qualifizierter Förderung zu bewältigen. Leider haben viele bis zum Erwachsenenalter, nicht die Möglichkeit gehabt, die Schwierigkeiten zu bewältigen. Und haben als Folge, seelische Probleme entwickelt. Weil, das Bildungswesen nicht genauer hingesehen hat. In der Praxis kennen wir keinen Legastheniker der als Therapiert gilt! Dazu brauchen wir einen besseren lösungsorientierten Ansatz: „Eine Legasthenie ist kein Leiden, sondern man sollte sich auf die vorhandenen Stärken und Fähigkeiten konzentrieren, um sie zu bewältigen. Das klappt erfahrungsgemäß bei Studenten, sie benötigen dazu viel Eigeninitiative und Durchhaltevermögen – dazu müssen sie befähigt werden, das kann eine gute Einzelförderung mit flankierenden Persönlichkeitscoaching erfahrungsgemäß leisten.

Daher ist auch der Nachteilsaugleich strittig, denn Legastheniker müssen nach dem Studium in der Arbeitswelt ihren Alltag meistern. Daher müssen sie die Schwäche kompensieren, kein Arbeitgeber wird einen Legastheniker mit Behinderten-Status einstellen – dafür kämpf der BVL seit langer Zeit dafür. Es ist gut, dass es in der Praxis so nicht funktioniert.

Ein Behinderten-Status bei uns Legasthenikern, ist totaler Unsinn und bringt uns keine Chancengleichheit sondern rückt uns in ein falsches Licht. Dieser Ansatz der Legasthenie, den der BVL vertritt ist aus menschenrechtlichen und ethischen Gründen abzulehnen. In der Praxis gibt es nur wenige Legastheniker die diesen Status gern hätten. Dieser Ansatz gehört in die Mottenkiste, weil er uns nicht weiterbringt.

 

 

 

 

Neuer Spiegel-Bericht zum Thema: „Studenten mit Legasthenie“ – diskriminiert von Legasthenie betroffene Menschen

Wir beobachten mit großem Interesse die neusten Berichte zu unserem Sachthema „Legasthenie“, der neuste Artikel bei SpiegelOnline (28.01.2014)[1] indem man mit einer sehr überzogenen „Vom Fehlerteufel besessen“ Überschrift gewählt hat, stimmt uns sehr nachdenklich und erinnert uns an sehr schlimme Zeiten unserer vergangenen Deutschen Geschichte – wo man eben Menschen, die nicht der „Norm“ entsprachen als ‚Besessene[2]‘ einstufte. Weil, diesen so nicht unkommentiert, stehen lassen möchten, werden werden wir ihn kommentieren.

Auch nach unseren Beobachtungen und persönlichen Erfahrungen, wissen wir, wie schwer es ist als Legastheniker in unserem Bildungswesen zu überleben, dass ist aber nicht dieser speziellen Lese-Recht-Schreibschwäche geschuldet, sondern es liegt am toleranten Umgang unserer Umwelt (Schulwesen, Akzeptanz unserer Gesellschaft etc.), das man Menschen, die von Natur aus andere Lernfähigkeiten besitzen, umgeht. Hierfür braucht es keinen Einordnung in behindert oder gar seelisch gestört, wie es häufig unsere pharmanahen Legasthenieverbände (Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e. V.) in Deutschland tun; nein das muss man als Diskriminierung interpretieren. Und wenn man uns als vom Fehlerteufel besessene, tituliert, muss man sich schon Fragen, ob der Verfasser den Pressekodex bedacht hat.  Denn es steht im Kodex sehr deutlich, Ziffer 1 steht:  Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde, ist der Presse oberstes gebot[3]. Daher sollte man sich bestimmt fragen, ob mit dieser gewählten Überschrift, den Bogen nicht für eine Medienwirksame Schlagzeile überzogen hat.

Das die Medien nur sehr selten im Sinne von uns legasthenen Menschen berichten hat vermutlich verschiedene Ursachen. Einerseits gibt es in unserer Fachwelt wenig Konsens zum Sachthema zu finden, anderseits ist die Thematik sehr komplex, um das Medienleute darüber objektiv berichten. Und als letzteren Punkt, ist die Thematik auch ein Politikum, was häufig durch eine ideologische Brille gesehen wird. Auch wenn die Medien meinen, Unabhängig zu sein, auf unserem Gebiet, sind sie es nicht. Denn es werden immer die Gleichen Verbandsfunktionäre befragt, obwohl es einige andere Fachleute gibt, die wesentlich differenzierter über die dieses Problem berichten könnten. Das zum Thema: Unabhängigkeit und Objektivität, der Medien.

Auch im Hochschulbereich beobachten wir das Hochschullehrer häufig wenig wissen über diese speziellen Lernprobleme haben. Sicherlich sind uns schon einmal Ausnahmen begegnet, wo einmal ein Professor ein Legastheniker war, der auch unsere Gutachten fürs Studium an der Universität Dresden akzeptierte. Dieser Student konnte, dann sein Studium erfolgreich fortsetzen. Das ohne eine Einordnung einer seelischen Störung, wie es die Verbände gern wünschen.

Legasthenie muss man nicht als Behinderung oder Krankheit einordnen sondern, wie es bekannte Hirnforscher Professor Albert Galabutra von der Harvard Medical School  bei der 18. Fachtagung des EDÖL in Salzburg, einmal sagte: „Es ist eine Krankheit nur in dem Maße, wie schwer man diese Menschen beeinträchtigt, in unserem gesellschaftlichen Umfeld in dem Legastheniker leben.“[4], verstehen. Daher spielt ein toleranter und wesentlich pragmatischerer Umgang mit uns Betroffenen, als Umweltfaktor eine wesentliche Rolle, ob wir uns entsprechend unserer Fähigkeiten, in unsere Gesellschaft integriert werden, statt stigmatisiert zu werden. Darüber sollte sich die Fachwelt Gedanken, wie man den uns zugesicherten Menschenrechten gerechter wird.

Der Großteil der Betroffenen lehnt eine Einordnung einer Krankheit oder Behinderung ab, weil es nicht wirkliche Gründe dafür gibt. Es muss eher darum gehen, wie könnten man die Rahmenbedingungen anpassen, das es selbstverständlich ist, wie Philipp Wettmann ein Studium zur Computerlinguistik zu absolvieren. Darum sollte man uns nicht als „leidende“ o.ä. einordnen. Sondern man sollte sich Gedanken machen, wie diese Menschen mit ihren vorhandenen Potenzialen fördert, das so umfassend wie möglich. Daher ist ein individueller Nachteilsausgleich ein Menschenrecht, was in unserer Gesellschaft selbstverständlich, sein sollte, hierfür braucht es kein Hochschulrahmengesetzt für behinderte mit Legasthenie. Das ist eher ein diskriminierender Ansatz!

Dass 8000 Studenten, sollen von einer Legasthenie oder Dyskalkulie betroffen sein, sind vermutlich nur eine vage Schätzungen. Wahrscheinlich gibt es wesentlich mehr Legastheniker an den Hochschulen, als es uns Statistiken aufzeigen können. Denn welcher Legastheniker will, schon als behinderter oder kranker eingeordnet werden? So wird man Betroffenen auch kein Hilfsangebot machen können, weil sie sich nicht outen werden, dass sie als Legastheniker an einer Universität studieren. Dann beißen sie lieber alle Zähne zusammen, fallen lieber nicht auf und Studieren mit ihren Lernproblemen. Statt sich vom Staat benachteiligen zu lassen. So beobachten wir es häufig auch in unserer Arbeit mit Erwachsenen in Dresden. Daher hat Frau Hönighaus vom BVL e. V. nicht Recht, denn welcher angehende Akademiker wird zu einer „scheinbaren“ Behinderung stehen, wofür es keine wissenschaftlichen Beweise gibt; das Legasthenie und Dyskalkulie eine Krankheit ist. Denn hierfür fehlen jegliche Beweise! Die Einordnung der ICD-10, ist nur ein vages Störbild, was zwar der Pharmalobby ein dienliches Störbild ist (für pharmazeutische Therapien usw.), was auch, wie bei dem Thema ADHS/ADS nur ein theoretisches Konstrukt mit vielen widersprüchen ist. Daher ist dieser Ansatz für Betroffene, der von den Verbänden vertreten wird, bedenklich und auch umstritten. Leider blenden unsere Medien, dies in den meisten Berichten völlig aus.

Das bis heute im Schulwesen viele Legastheniker selten ein Abitur schaffen, liegt nicht an dieser speziellen Lese-Recht-Schreibschwäche oder Rechenschwäche (Dyskalkulie), sondern, vermutlich am starren und unflexiblen Bildungswesen, was sich nur schwer an die Lernbegebenheiten von uns Betroffenen anpassen kann. Dies wird sich mit Sicherheit auch in den nächsten Jahren aufgrund unseres Fachkräftemangels negativ auswirken. Denn es ist sehr bedenklich, dass unser Bildungssystem zuwenig durchlässig ist, besonders wenn besonderen Begabungen unser nachkommenden Generationen vernachlässigt. Dies wird sich vermutlich, künftig sehr zum Nachteil unseres Gemeinwesens auswirken, bzw. die Auswirkungen sind schon jetzt in der Arbeitswelt zu beobachten.

Daher sollte man den sehr einseitigen medizinisch-psychologischen Ansatz der hiesigen Legasthenieverbände hinterfragen. Wichtiger wäre es, das diese Schwächen bis zum Erwachsenenalter, so gut kompensiert werden, dass gar nicht erst seelische Störungen daraus entstehen müssen. Jedenfalls ist dieser Störbild-Ansatz der Legasthenieverbände, für uns Legastheniker und Dyskalkuliker keine Hilfe. Denn so werden wir keine umfassende Hilfe und Integration erfahren. Sondern man sollte uns nicht nur an unseren Defiziten messen, sondern an unsere guten Fähigkeiten, die es dringend zu fördern gilt. Daher ist der Störbild-Ansatz der Legasthenieverbände, ein Griff aus der Mottenkiste, der einer guten objektiven Aufklärung im Wege steht.

Sieht man sich die Situation genauer an, sind wir von einer bestmöglichen Bildung und Integration weit entfernt, was sicherlich mit an den Legasthenieverbänden liegt und daher nicht nur am Bildungswesen und der gesellschaftlichen Akzeptanz -sondern wahrscheinlich an der sehr einseitig-sigmatisierenden Aufklärung, dieser Verbände.

 


[1] http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/studium-mit-legasthenie-viele-studenten-leiden-still-a-945830-druck.html

[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Besessenheit

[3] http://www.presserat.info/inhalt/der-pressekodex/pressekodex.html