Ein Erfahrungsbericht von Lars Michael Lehmann

Eine Legasthenie kann man erst dann bewältigen, wenn man seine Biografie, mit seinen negativen Erfahrungen aufgearbeitet hat. Dazu habe ich einige Jahre gebraucht. Weil, ich keine Hilfe zur Bewältigung meiner Legasthenie, von Lehrern, Eltern oder staatlicher Seite bekam. Darum musste mich selber auf den Weg machen, um eine Antwort für mich zu finden. Denn ich hatte den Willen, meine Legasthenie zu bewältigen. Ich wollte mein Leben, entsprechen meiner Möglichkeiten gestalten. Das ist mir bis heute gelungen! Wie es mir gelang, werde ich hier berichten.

Mit den vorgefertigten Schubladen: „behindert oder gestört, zu sein“, konnte ich nichts anfangen. Die Zusammenhänge verstand ich indem mich mit der Legasthenie auseinandersetzte – mit allen wissenschaftlichen Perspektiven – der Medizin, Psychologie, Pädagogik, Soziologie etc. So konnte ich die Erkenntnis, mit meinen Erfahrungen und meiner Arbeit mit Betroffenen in Dresden, vergleichen. Aus diesen Erfahrungen erkannte ich, dass sich die Wissenschaft in der Grundlagenforschung befindet. Denn die Zusammenhänge sind, so sehr komplex. Dass ein statistisches Störbild der WHO „Lese-Rechtschreibstörung“, als psychisches Störbild für die Bewältigung einer Legasthenie ungeeignet ist. Weil, es die Lebenspraxis von uns Betroffenen nicht erklärt. Dazu ist dieses Störbild zu ungenau, um alle Ursachen im Zusammenhang, der erblichen Anlagen und Umweltfaktoren realitätsnah abzubilden. Denn es gibt einige Bedienungen, im Bildungswesen, die den Erwerb von LRS begünstigen. Unabhängig von einer erblichen Anlage, die man als Legasthenie bezeichnet. Bei mir liegt sie, in der Familie, denn mein Vater ist Legastheniker.

Meine Probleme als Legastheniker mit guter Intelligenz, waren lange Zeit unbegreiflich. Aber trotzdem lernte ich schrittweise meine Stärken kennen. Es gab liebe Menschen, die meine Fähigkeiten in nicht-schriftsprachlichen Bereichen bemerkten. Meine gute Allgemeinbildung, Kreativität, Neugier, Querdenken, Empathie, all diese Potenziale wurden bemerkt. Wie sie häufig, bei sehr begabten oder gar hochbegabten Menschen beobachtet werden. Das half mir sehr! Nur so konnte ich lernen, dass es noch andere Eigenschaften gibt, die mich als Individuum ausmachen. Nicht meine spezielle Lese- und Rechtschreibschwäche, war der Hauptfokus mehr. Deswegen lernte ich meinen Fokus, in Richtung meiner Begabungen zu lenken. Damit wurde ich schrittweise Selbstbewusster und gewann eine gesunde psychische Stabilität, als Stärke dazu. Die man auch als Resilienz bezeichnet. Diese Erfahrung widerlegt, nach meiner Sicht, die Annahme einer seelischen Störung bei uns Legasthenikern! Psychische Probleme sind nicht automatisch, ein grobes Störbild, was krankhaft ist. Sondern die Ursachen hängen vom: Umgang mit den Betroffenen, Lernbedingungen, sozialen Hintergründen, Erziehungsstilen, wie auch von anderen Faktoren ab. Um nur einige Umweltbedingungen zu nennen, die seelische Probleme fördern können. Auch bei Nicht-Legasthenikern, können diese Bedienungen psychische Erkrankungen fördern – ganz Unabhängig von einer Legasthenie.

Ich musste alle Schubladen, in die mich Lehrer, Schulpsychologen, Berufsberater des Arbeitsamtes steckten, hinter mich lassen. Dies erforderte viel Mut. Und ich musste an meinen eingefahrenen Denkmustern und Verhaltensweisen arbeiten. Die mich beim Vorwärtsgehen hindern wollten. Nur so konnte mein Weg gelingen, mein Leben mit meiner Legasthenie zu bewältigen.

Wo ich die Ursachen und Zusammenhänge verstand, wurde ich in meinen Lebensweg ermutigt. Diese Aufarbeitung half mir meine spezielle Lese- und Rechtschreibschwäche zu bewältigen. Und heute habe ich meine Lebensgeschichte komplett aufgearbeitet. Damit wurde ich persönlich und sozial, in meinem Wachstum bestärkt (Ich-Stärke). Heute bereitet es mir keine Probleme mehr, dazu zu stehen, dass ich Legastheniker bin.

Auch ich kann, wie der bekennende Legastheniker Frank Asbeck (Gründer der SolarWorld AG): „Ich bin Legastheniker und das ist auch gut so“, sagen. Denn ich sehe die Legasthenie, nicht als ein Leiden, wie es uns die Pharmaindustrie (Bundesverband Legasthenie), einreden will. Sondern sie ist gut zu bewältigen – man muss nur zu seiner Legasthenie stehen – so wird man im Leben auch Erfolg haben.

Es ist wichtig, sich von dieser Lebenseinstellung nicht abbringen zu lassen! Auch wenn uns Andere als Legastheniker nicht verstehen oder tolerieren wollen. Das sollte uns egal sein! Pädagogen, Psychologen oder Lerntherapeuten, die uns Betroffenen bei der Überwindung helfen wollen, sind selten kompetent genug. Um uns bei der Bewältigung der Legasthenie behilflich zu sein – sofern sie nicht selber Legastheniker sind.

Glaubt mir, wir werden unser Leben meistern! Wenn wir uns offen dazu bekennen. Wir müssen nur diese unsinnigen Störbilder und intoleranten Meinungen, über uns Legastheniker ignorieren!

Denn es ist das Normalste von der Welt, ein Legastheniker zu sein!